LIFE

Von den Spuren des Lebens – eine Liebeserklärung

Eigentlich ziehe ich diesen Artikel gerade vor, und eigentlich war er auch noch nicht mal so richtig fertig, sondern wurde nun in „Eile“ zusammen geschrieben. Aber der Artikel muss heute noch raus. Raus an euch, an all die wunderbaren und wunderschönen Frauen, die aus den verschiedensten Gründen mit ihrem Körper hadern und unter den Veränderungen nach ihrer Schwangerschaft und der Geburt ihres Kindes/ ihrer Kinder leiden. Da sind vielleicht Kaiserschnittnarben, Schwangerschaftsstreifen, schlaffe Haut und zusätzliches Gewicht, die einen freudigen Blick in den Spiegel fast unmöglich machen…

Aber jetzt von vorne…

Gestern bekam ich eine Email von einer Frau, ganz frisch schwanger mit ihrem ersten Kind, auf das sie sich auch sehr freute. Ein absolutes Wunschkind und trotzdem hat sie Angst. Nicht vor der Herausforderung die auf sie wartet, sondern davor, wie ihr Körper wohl in einem halben Jahr aussehen wird. Sie hat Angst davor sich ihren Körper zu ruinieren. Sie hat Angst vor Schwangerschaftsstreifen die gegen Ende der Schwangerschaft auftauchen könnten. Sie hat Angst vor schlaffer Haut. Vor Krampfadern. Vor hängenden Brüsten durch das Stillen, obwohl sie sich doch eigentlich so sehr wünscht, dass das Stillen klappt. Sie hat Angst vor einer starken Gewichtszunahme und befürchtet zu wenig Zeit zu haben, um nach der Entbindung und der ersten Zeit mit ihrem Kind, wieder etwas für sich und Ihren Körper zutun. Ich dachte lange darüber nach, wusste nicht recht, was ich schreiben soll, und entschied mich dann dafür meine Antwort öffentlich zu machen, denn dieses Thema ist noch viel zu sehr TABU. Ungern wird darüber gesprochen, scheinbare Makel werden versteckt, Frauen schämen sich. Wie schön wäre es doch, wenn man mit diesem Thema ganz offen umgehen würde.

In meiner ersten Schwangerschaft mit dem kleinen Räuber, cremte, ölte, massierte ich schon von Beginn der Schwangerschaft meinen Bauch, Po, Oberschenkel ein um jeden kleinen Riss oder Streifen während der Schwangerschaft zu vermeiden. Natürlich hatte ich gelesen, dass die Gene eine große Rolle spielen und trotzdem wollte ich natürlich alles dafür tun um nach der Schwangerschaft meinen „alten“ Körper sofort wieder zuhaben. Nie habe ich darüber nachgedacht wie es sein würde, wenn dem nicht so wäre – warum auch? Bis ich dann in der 32. Schwangerschaftswoche den ersten kleinen Streifen, den Bauchnabel abwärts entdeckte und völlig fassungslos vor dem Spiegel stand. Zwei Tage später, noch ein kleiner an der Hüfte und ich darf euch versichern, auch bei diesem blieb es nicht!

Tagelang war ich traurig, und fand meinen kugelrunden Babybauch plötzlich so gar nicht mehr schön! Der Liebste versicherte mir immer wieder wie wunder-wunderschön meine Bauch ist, aber ich war in meinen Gedanken rund um die unschönen Streifen wie gefangen.

Dann redete ich mit einer wundervollen Frau, die 4 Kinder zur Welt gebracht hat. Sie erzählte mir, wie auch ihr Körper sich verändert hatte, durch die Schwangerschaften und Geburten, sowie die anstrengende Zeit danach. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie gut mir das in diesem Moment tat. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl nicht alleine damit zu sein. Zum ersten Mal wachte ich auf und verstand, dass eine Schwangerschaft an nahezu keiner Frau einfach so vorbei huscht ohne Spuren zu hinterlassen.

 „Dein Körper ist nicht ruiniert, du bist ein Tiger, der jeden Streifen hart erkämpft hat!“

Meine Güte, Sie hatte so Recht! Wir haben ein (zwei, drei, vier, oder noch mehr) Kind(er) in unserem Bauch getragen, und das fast 40 Wochen. Unsere Kinder sind in unserem Bauch gewachsen, und das von wenigen Gramm bis hin zu ihrem Geburtsgewicht von Durchschnittlich um die 3kg. Unser Körper hat ein Kind wachsen lassen und wir haben es ernährt und mit allem versorgt was es braucht! Wir haben dem Kind wochenlang einen warmen und kuschligen Platz zum Wachsen und Entwickeln gegeben, einen Platz zum Wohlfühlen und einen Platz der Sicherheit, wo es von Stößen und sonstigen äußeren Einflüssen weitestgehend sicher ist. Unser Herz-Kreislauf-System arbeitete auf Hochtouren und unser Körper produziert in etwa 1,5 Liter mehr Blut. Unsere Brüste produzierten Milch in den Milchdrüsen um unsere Babys auch nach der Geburt optimal mit allen wichtigen Nährstoffen versorgen zu können und ganze Organe müssen nach einer Schwangerschaft wieder zurück an ihren eigentlichen Platz wandern.

Unser Körper hat eine Höchstleistung vollbracht. Und eine solche Höchstleistung kann nicht ohne Veränderungen des Körpers geschehen. Natürlich sehen wir jeden Tag viele Frauen mit Kindern, die vielleicht in unseren Augen einen tollen Körper hat. Models die nur wenige Wochen nach einer Geburt wieder aussehen als wäre nie etwas gewesen. Wissen wir aber wie es unter ihrer Kleidung aussieht? Wurde da retuschiert? Wir vergleichen viel zu sehr und halten das was uns in Zeitschriften und Fernsehen gezeigt wird für die Realität. Aber das ist sie eben nicht – der Großteil aller Frauen sieht nicht aus wie ein Model von Victoria Secret.

Warum gehen wir Frauen so hart mit uns ins Gericht? Wir sollten viel mehr auf das Gute und Schöne dieser Veränderungen blicken. Wir sollten sehen, was es für ein Wunder ist was unser Körper da vollbracht hat! Wir sollten auf dieses kleine Wunder blicken, dass wir dafür in den Händen halten dürfen und demütig sein, davor, das unser Körper so ein Wunder geschaffen hat! Wir sorgen uns, dass wir nie mehr aussehen werden, wie früher? Ein Leben wie früher wird es in dieser Form nicht mehr geben! Wir haben ein Kind, dass allein heißt Veränderung.

Und ganz ehrlich? Ist es nicht egal ob wir jetzt eine 36, 38, 40, 42 oder eine 44 und mehr tragen? Macht uns eine Konfektionsgröße schöner? Heute weiß ich und glaube fest daran: schöner werden wir nur durch Zufriedenheit. Deshalb Freunde ich mich jeden Tag aufs neue mit jedem Streifen an. Ich möchte meinem Körper die Zeit geben mit den Veränderungen umzugehen. Und gleichzeitig weiß ich: Mein Körper wird jeden Tag ein bisschen älter und er wird noch viele Veränderungen mitmachen.

Heute sehen ich die Schwangerschaftsstreifen und die 5 Kilo die einfach nicht purzeln wollen, einfach als eine Erinnerung an eine wunderschöne und einmalige Zeit an. Sie sind Spuren meines Lebens. Spuren einer Zeit die ich mein Leben lang in meinem Herzen trage werde. Spuren die mich jeden Tag daran erinnern was.  mein Körper geleistet hat. Spuren auf die ich stolz bin! …und ich bitte euch, seid stolz auf euch und eure Körper! Versteckt euren Körper nich. Zeigt den vielen Frauen da draußen, dass sie nicht alleine sind. Manchmal braucht es nämlich nur das, um alle Selbstzweifel und das Negative über Bord zu werfen und jeden dieser Makel als etwas wunderbares anzusehen!


Vielleicht möchtet ihr anderen Mamas eure Schwangerschaftsstreifen zeigen? Eure Stillbrüste? Hier soll eine kleine Galerie entstehen. Wer mir ein Bild schicken möchte und dies gerne anonym veröffentlichen würde – darf mir gerne per Email schreiben: info@miniundmami.net.

Ich freue mich über eure Mails und bedanke mich für euren Mut und eure Stärke!

6 Kommentare zu “Von den Spuren des Lebens – eine Liebeserklärung

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