Der Große spielt und erzählt dabei lautstark. Aus dem Radio klingt Musik – Kinderlieder, Hörspiele. Da werden Züge, Autos und afrikanische Wildtiere nachgeahmt. Wir lesen Bücher. Erzählen Geschichten. Wir singen. Wir lachen. Wir kichern. Wir toben. Rangeln. Kitzeln. Quietschen. Kreischen. Es ist laut. Manchmal sehr laut. Und noch lauter. Das Murmelchen weint. Schreit. Brabbelt. Erzählt. Kichert. Macht sich bemerkbar. Mein Mann und ich versuchen uns zu unterhalten.
„Warte mal bitte, ich verstehe kein Wort!“
im Moment wohl in den TopTen unserer meistgesagtesten Sätze.
Der heutige Tag hat noch gute zwei Stunden. Die Kinder schlafen. Hier im Wohnzimmer ist es ruhig. Kein Fernseher. Kein Radio. Der Liebste sitzt neben mir. Wir reden nicht. Alles ist ruhig. So ruhig wie es das letzte mal gestern Abend war. Ungefähr zur selben Zeit – die gleiche Stille. Ich weiß, dass es meinen Kindern gut geht. Das sie friedlich und geborgen in unserem Bett schlafen und ich weiß, dass ich in nicht einmal 10 Schritten bei Ihnen bin. Würde ich das sanfte Atmen aus dem Babyphone nicht hören, dass die Stille unterbricht, hätte ich wohl keine ruhige Minute.
Da drückt die Stille dann mit voller Kraft auf meine Brust.
Tut fast ein bisschen weh und will mich spüren lassen: Da ist etwas nicht in Ordnung.
Wenn der Räuber alleine im Zimmer spielt und es plötzlich ruhig ist: kurzes Durchatmen und die Stille genießen. Doch dauert die Stille länger an, macht mich das Unruhig. Ruhe bedeutet in so einer Situation fast immer Gefahr oder kleiner | großer Unfug. Meistens sind wenn ich das Zimmer betrete die Zimmerwände bunter wie vorher, der Teddy hat eine neue Frisur oder es wird versucht das Bücherregal hochzuklettern, um zu schauen ob man jetzt vielleicht doch über Nacht das Fliegen gelernt hat.
Jede Mama kennt das wohl. Wir sehnen uns nach Stille, ist sie da, können wir sie nicht wirklich genießen. Die Stille am Tag schon lange ausgezogen. Seit dem Tag an dem das große Kind in unser Leben einzog. Wurde noch weniger als das Murmelchen unsere Familie vergrößerte. In den wenigen Momenten in denen uns die Stille einen kurzen Besuch abstattet, gibt sie sich nicht als die Selbe:
Sie ist nicht mehr die entspannte, ruhige, gelassene Stille. Die Stille ohne Hintergedanken und ohne Sorgen.
Nicht mehr die, die man einfach so genießen kann, obwohl man es doch so gerne würde.
Und wenn wir sie dann irgendwann zurück haben, die gute, alte Bekannte Stille. Was bringt sie uns dann? Vermutlich ein Haus ohne Kindergeschrei, ohne Lärm, ohne dröhnende Ohren. Aber auch eines ohne Küsschen & Umarmungen von diesen kleinen, wunderbaren Wesen, die täglich so viel Liebe, Glück, Temperament und einzigartige Momente in unser Leben bringen.
Dann ist sie da die Stille – Ist es dann eine Stille des Vermissens oder können wir sie dann auch genießen?
Vielleicht nur dann, wenn wir die Stille ein paar Jahre haben ziehen lassen – und die lauten und tubulenten Jahre, die mit den Kindern in unsere Familie eingezogen sind, genossen haben…
Denn, alles hat seine Zeit!
„…suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit; zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit; schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit; lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.
Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.“
(Prediger, 3)
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