Seitdem ich Kinder habe hat sich mein Leben von Grund auf verändert. Kurze Nächte, lange und manchmal auch sehr anstrengende Tage, permanent hohe Lautstärke, keine ruhige Minute und das Gefühl die eigenen Bedürfnisse stehen immer hinten an. Warum tut man sich sowas an, fragte mich eine Bekannte, die defintiv niemals Kinder haben möchte, weil sie mit den Veränderungen nicht klar kommen würde. Fremdbestimmt sein, sein Leben nur an den Kindern ausmachen, dass ist einfach nicht das was sie will. Sie möchte reisen ohne Rücksicht auf Kinder, sie braucht Tempo und das ständige Getrödel der Kinder würde sie unsagbar nerven.
Die Welt dreht sich so langsam mit Kindern, sagt sie!
Ich muss lachen, denn genau das tut sie für mich eigentlich nicht. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Im Moment habe ich zum Beispiel schon seit Wochen das Gefühl, dass das Jahr nur so an mir vorbeirauscht und ich gerne sagen würde: „Haltet doch mal die Welt für einen Moment an!“ Ich seh‘ die Baby- und Kinderjahre so an mir vorbeiziehen und ich würde die Momente gerne einfangen und sie noch ein bisschen hier behalten. In ein Marmeladenglas stecken und haltbar machen. Es geht alles so schnell, die Tage, die Wochen, die Monate, die Jahre. Und da steht sie dann meine Bekannte und behauptet, dass sich die Welt langsam drehen würde!
Am Abend denke ich lange über diesen Satz nach. Ich frage mich, ob nicht vielleicht doch ein bisschen was Wahres an diesem Satz ist? Dreht sich die Welt in mancherlei Hinsicht vielleicht doch etwas langsamer wenn man Kinder hat? Und: Ja, ich glaube das tut sie tatsächlich! Denn seit ich Kinder habe, sehe ich die Welt und die Dinge ein bisschen mehr aus der Sicht eines Kindes. Durch die Geburt und das Leben mit meinen Kindern habe ich eine ganz neue Sicht auf die Welt geschenkt bekommen! Meine Welt hat plötzlich einen ganz neuen Glanz und neue Farben bekommen! Ich laufe langsamer, denn ich hab an jeder Hand eine kleine Kinderhand, die sicher durch das Leben geführt werden will. Ich habe Kinder, die mich ausbremsen und sagen: „Mama nicht so schnell!“ – So als wollten sie sagen: „Hetze doch nicht so, so können wir doch gar nichts sehen, nichts entdecken. Wir sehen die kleinen Dinge am Wegrand nicht!“
Den Löwenzahn, die bunten Herbstblätter, die kleine Schnecke mit ihrem wunderschönen Häuschen, die Vögel, die da auf dem Baum sitzen und uns beobachten und nur für uns singen. Die Wolke am Himmel, die aussieht wie ein Schaf, und das frischgemähte Gras, das so lecker riecht. Den Ameisenhügel im Wald und den Käfer am Baumstamm. Aber auch den Bettler der mit zerrissenen Klamotten am Straßenrand sitzt und sicher heute noch keinen Kakao mit ganz viel Milchschaum getrunken hat, so wie wir.
Wie oft bin ich früher an solchen Dingen vorbeigelaufen. Hab sie einfach nicht wahrgenommen, nicht beachtet. Sie kamen mir nicht wichtig vor. Heute kommen durch meine Kinder ganz neue Eindrücke in mein Leben. Mein Herz ist weiter, meine Augen offener. Ich freue und lache mehr, aber ich weine auch viel öfter wie früher. Alles fühlt sich viel intensiver an und ich kann mein Herz nicht mehr verschließen vor der Liebe, die sie der Welt und den Dingen entgegenbringen. Meine Augen nicht mehr verschließen von der Schönheit, die man jeden Tag sehen kann – wenn man nur richtig hinsieht.
Genau deshalb dreht sich meine Welt vielleicht doch ein bisschen langsamer!
Und dafür danke ich meinen Kindern!
0 Kommentare zu “Dreht sich die Welt mit Kindern wirklich langsamer?”