Ein frischgeborener Papa erzählt uns vom Sex.
Vor der Schwangerschaft, während und nach der Schwangerschaft, und macht seiner Frau eine kleine Liebeserklärung…
Sex gehört dazu. Das ist uns allen klar. Hoffentlich. Schade aber, dass in den Köpfen von Frauen immer noch so viele Vourteile umherschwirren: Männer denken nur an das Eine. Männer denken mit dem Teil zwischen den Beinen. Männer sind hormongesteuert. Stimmt, sind wir! Denn als frisch geborener Papa möchte ich euch heute erzählen, dass auch wir den Hormonen unterliegen. Damit meine ich aber nicht unsere Triebe, sondern ich würde behaupten auch wir Männer haben die komplette Bandbreite an Schwangerschafts-, Geburts- und Wochenbett-Hormonen.
Dieser ganze Mix an unterschiedlichsten Hormonen führte zumindest bei mir dazu, dass der Schwung fehlt. Es ist als stünde plötzlich etwas ganz anderes im Vordergrund. Etwas Wichtiges, etwas Großes, etwas was meine ganze Liste an Prioritäten plötzlich völlig verschob.
Ich würde lügen wenn ich behaupten würde, dass mir Sex vorher nicht wichtig war. Und ich lehne mich weit aus dem Fenster, wenn ich ehrlich bin und sage: Sex war mir wichtiger als dieser ganze Kuschel-Shit. Ich war der Mann, der keinen Sinn in einem Vorspiel sah, und die Minuten zählte, bis meine Frau endlich so weit war, dass wir diese Gefühlsduselei beenden können, und zur Sache kommen. Brutal, oder? Ich weiß – steinigt mich nicht!
Dann war sie Schwanger…
Zuerst rutschte mir das Herz noch tiefer in die Hose. Ich werde Vater! Beim ersten Frauenarzt-Termin, und dem Begutachten dieses kleinen Dingens, wuchs mein Herz auf ein vielfaches an, und wanderte dann plötzlich völlig selbstständig zurück in die Brust. Mein Kind, gerade mal 2 cm groß, schaffte es tatsächlich binnen weniger Minuten, eine Reaktion in meinem Körper auszulösen, die ich sonst nur beim Orgasmus kannte! Ich glaube, dass hatte mein Vater wohl immer gemeint, wenn er sagte, dass die Liebe zu seinem Kind einfach alles übersteigt, was man bisher kannte. Heute gebe ich ihm Recht!
Als ich meinen Kumpels erzählte dass ich im Sommer Vater werde, bekam ich viele bemitleidende Blicke und Sätze wie: „Das war’s jetzt mit dem Sex!“, „Im ernst jetzt? Alter, du wirst nie mehr Sex haben!“, „Dir ist schon klar, was das für euch bedeutet, sie wird dich nie mehr ranlassen, und das Kind für sie immer wichtiger sein!“, bis hin zu: „Ich halte dir dann mal das Gästezimmer frei!“ Macht Mut, dachte ich, und nahm es mit Humor.
Doch es kam anders, und ich darf schon heute verraten, meine Frau ist nicht das Problem, warum wir keinen Sex mehr haben. Aber von vorne: Die ersten Wochen hatten wir keinen Sex, obwohl ich ihn mir wirklich sehr wünschte. Der Körper meiner Freundin wurde weiblicher und irgendwie sinnlicher. Mit jeder Woche hatte ich tatsächlich mehr Lust auf sie. Ihre Brüste wurden größer, was mir natürlich gefiel. Aber auch der wachsende, kugelrunde Bauch, übte eine echte Fasziniation auf mich aus. Ihre Haare wurden voller, ihre Haut pudrig-rosig – ich fand sie noch schöner als vor der Schwangerschaft! Ich gehörte also zu den Männern, die schwangere Frauen unheimlich anziehend fanden. Ich verspürte eine derartige Lust mit ihr zu schlafen, aber Sie hatte keine Lust. Sie war im vollen Hormonrausch und streichelte statt mich, lieber Ihren Bauch. Also hatten die Jungs doch Recht? Muss ich mich an den Gedanken gewöhnen, vermutlich 40 Wochen keinen Sex zu haben?
Nach der 20. Woche gab es bei ihr dann plötzlich einen weiteren Hormonschub, der bewirkte, dass sie nahezu täglich Lust hatte. Sie fiel halb über mich her, und plötzlich war ich derjenige der manchmal einfach keine Lust hatte. Woran das lag, ist mir erst heute beim Schreiben klar geworden. Mit wachsendem Bauch meiner Freundin, wurde mir bewusster das mein Leben sehr im Umbruch steht. Mir wurde mit jedem Vorsorge-Termin klarer, dass wir bald eine richtige Familie sind, ich die Rolle des Versorgers einnehmen muss, dass es da einen kleinen Menschen geben wird, der die Nächte sehr kurz machen wird, der mir viel Freiheiten rauben wird. Das alles machte mir zugegeben Angst.
Wir mussten ganz schön kreativ werden.
Ab und an hatten wir Sex, aber eine Art von Sex die so ganz anders war, als alles was ich vorher in dieser Richtung erlebte. Es war eine Innigkeit, die ich so noch nicht erlebt hatte. Zugegeben wir mussten ganz schön kreativ werden, denn der Bauch meiner Freundinn war eine logistische Herausforderung. Stellungen die wir beiden gerne mochten, waren plötzlich nicht mehr machbar. Auch das Temperament beim Sex mussten wir sehr nach unten schrauben. Es war ruhiger, langsamer. Aber nicht weniger schön. Wir mussten Sexualität in der Schwangerschaft völlig neu definieren. Herausfinden was uns gefällt, was geht und was uns gefällt. Gleichzeitig mussten wir akzeptieren, dass dieser baldige neue Lebensumstand in uns so Großes bewirkt hat, dass unsere Lust auf Sex großen Schwankungen unterlag. Das wir nicht immer zeitgleich Lust hatten. Außerdem ist es tatsächlich so, dass Kuscheln, Schmusen und Zärtlichkeiten – fernab von Sex, für mich in dieser Zeit ebenso eine ganz neue Definiton bekommen haben.
Meine Kumpels scherzten, meine steinharte Fassade wäre plözlich so weich. Und sie hatten Recht, es gab Dinge, die mir plötzlich wichtiger waren, als der Kumpel in meiner Hose. Meine Familie nämlich, die Gesundheit, und das Wohl meiner Frau, und meines ungeborenen Kindes. Ich fuhr lieber Nachts um halb 1 an die nächste Tankstelle um meiner Freundin Milka-Pralines zu besorgen, auf die sie gerade so einen Heißhunger schob. Ich dachte nicht mehr pausenlos an das Eine, sondern an meine Beiden.
Mir war kotzübel und heulte wie ein kleiner Junge.
Die Geburt war ein weiteres Erlebnis, welches mich prägte. Ich hab so mit gelitten wie noch nie in meinem Leben. Ich hatte Ängste, die ich noch nie zuvor kannte. Mir war kotzübel, und ich heulte wie ein kleiner Junge. Ich bewunderte meine Frau, konnte nicht fassen wie sie kämpfen konnte. Da lag mein Püppchen, und ich konnte kaum glauben wie mutig, nahezu schmerzlos und mit welcher Kraft sie unseren Sohn gebar. Ich war überwältig wie schön meine Frau in diesem hässlichen Krankenhaus-Hemdchen war – schweißgebadet & ungeschminkt. Sie war so schön, weil sie kämpfte, wie es womöglich nur eine Mutter kann. Das durfte ich in dieser Nacht erfahren. Und am frühen Morgen, wie schön sich die natürlichste und reinste Form von Liebe anfühlt – die Liebe zu seinem eigenen Kind. Noch heute sag ich scherzhaft zu meinen kinderlosen Kumpels, dass sie wirklich noch keine Ahnung vom echten Leben haben.
Das Wochenbett schmelzte uns regelrecht zusammen. Ich nahm 4 Wochen Elternzeit um Sie in der Anfangsphase zu unterstützen. Das ist gleichzeitig auch ein Appell an alle werdenden Väter: Unbedingt machen, wenn ihr es irgendwie könnt! Scheut euch nicht! Diese Zeit hat aus mir den Vater gemacht, der ich heute bin! Aber ich schweife ab, denn darum geht es nicht. Ich will euch außerdem erzählen, wie der Sex nach der Geburt letztlich war, und dieser Abschnitt wird letztlich auch der Kürzeste…
Den ersten Sex nach der Entbindung hatten wir nach ca. 9 Wochen. Ihre gesundheitliche Verfassung machte es früher nicht möglich. Nach nunmehr 6 Monaten Eltern sein, hatten wir bisher auch nur nicht häufiger Sex, als ich es an einer Hand abzählen könnte.
Wir sind beide erfüllt.
Hauptgrund: Wir haben beide genau das Gefühl, welches wir schon kurz während der Schwangerschaft kennenlernten. Wir sind beide erfüllt. Erfüllt – dieses Wort trifft es ganz gut. Wir waren „so in love with our son!“ Wir kuschelten, schmusten, liebkosten das Baby, und lagen uns wortlos, glücklich in den Armen. Und natürlich waren wir müde. Noch heute entscheiden wir uns für Schlaf und gegen Sex. Noch jemand hier mit ähnlichen Prioritäten? Der Sex mit meiner Frau ist heute nicht mehr der Gleiche, weil wir nicht mehr die Selben sind. Wir sind eine Familie: Mama & Papa. Meine Frau hat körperliche Veränderungen in höchstem Maße durchgemacht, und braucht einfach eins: Zeit. Ich merke sie ist verletzlicher, sie hat sich verändert. Aber ganz anders, als ich es vermutet hatte. Denn meine Frau ist schöner geworden, und das meine ich genauso wie ich es sage:
Liebe Luca, ich nehme fest an das du diesen Text hier liest. An dieser Stelle möchte ich dir sagen, auch auf die Gefahr hin, dass du mir es wieder nicht glaubst. Hier hast du es schwarz auf weiß: DU BIST WUNDERSCHÖN – mit auslaufenden Brüsten, mit weichem Bauch, mit Schweißperlen auf der Stirn, mit dicken Augenringen unter den Augen. Mich stören die 5kg, die dich so ärgern wenn du auf der Waage stehst, nicht. Für mich bist du seit du Mama bist, der Inbegriff von Schönheit. Und meine sexuelle Unlust rührt nicht daher, dass ich dich nicht mehr begehre, sondern sie ist meinen Papa-Hormonen geschuldet.“
Es ist nicht gelogen wenn ich sage, dass ich völlig hormongesteuert bin. Kuscheln, und die Liebe zu meiner Familie, befriedigen mich im Moment in höchstem Maße, und das wohl auf Kosten einer Libido. Liebe Frauenwelt, vielleicht sind eure Männer einfach genauso hormongesteuert wie ich, und es liegt in keinster Weise daran, dass sie euch nicht mehr schön finden. Sex verändert sich – vor, während und nach der Schwangerschaft.
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