Der Räuber und ich liegen im Bett. Wir haben gemeinsam unsere Schlafanzüge angezogen, Zähne geputzt und noch eine Gute-Nacht-Geschichte gelesen. Wir haben gebetet und uns ein „Schlaf-gut-Küsschen“ gegeben. Der Sternenprojektor ist an und wirft funkelnde Sternchen an die Wandschräge in seinem Zimmer. Ich hab meinen Sohn im Arm, er kuschelt sich an mich. Gräbt sich tief in meine Achselhöhle ein und dreht meine Haarlocke um seinen Finger. Ich mache die Augen zu und versuche mich zu entspannen. Ich versuche nicht an die ganzen unerledigten Aufgaben zu denken die ich heute nicht geschafft habe. So viel habe ich den ganzen Tag aufgeschoben. Aber vorallem wollte ich mich um den Räuber kümmern. Ich wollte ihm etwas vorlesen. Mit ihm etwas Tolles machen. Auf den Spielplatz gehen oder in den Wald um ein paar Schätze für unseren Jahreszeitentisch zu suchen. Aber immer kam etwas dazwischen. Ein Anruf oder irgendwas das mir noch eingefallen ist, das Murmelchen wollte gestillt oder gewickelt werden. Es war zum Verrückt werden. Immer wieder mussten wir es auf später verschieben.
Und jetzt liegen wir hier und das schlechte Gewissen kommt wieder in mir hoch. Ich streichle ihn über die Wange. Er schaut mich mit seinen großen Augen an und sagt: „Mama? Heute war ein schöner Tag!“ Ich frage mich ob ich richtig gehört habe. „Heute? Aber wir haben doch gar nichts besonderes gemacht!“
„Doch“, sagt der Räuber, „Ich hab gespielt und ich durfte dir helfen die Spülmaschine auszuräumen und die Wäsche von der Waschmaschine in den Wäschekorb schmeißen – das war lustig! Und wir haben Musik gehört und ich hab getanzt und du auch. Und wir haben Nudeln gegessen und als ich versehntlich die Schüssel runtergeschmissen hab, da hast du nicht geschimpft. Du hast gelacht weil die Nudeln an mir geklebt waren. Du hast mir durch die Haare gewuschelt und mir einen Kuss gegeben und dann haben wir uns auf den Boden gesetzt und die Nudeln vom Boden gegessen – das war noch lustiger! Und nach dem Essen haben wir alle gekuschelt wie du meinen kleinen Bruder gestillt hast und das mag ich immer so gern! Weil ich euch alle so lieb hab, den Papa und den Bruder und dich – und weißt du was? Ich lieb euch so sehr wie die Fische das Meer!“
Er lacht. Er lacht weil sich sein letzter Satz reimt. Bei mir kullern die Tränen. Eine. Noch eine. Und noch eine. Hat er das gerade wirklich gesagt? Und plötzlich wird mir bewusst, dass es am Ende des Tages nicht wichtig ist ob wir etwas ganz Besonderes mit unseren Kindern gemacht haben, denn unsere Kinder sehen die Dinge sowieso mit ganz anderen Augen. Sie freuen sich über kleine Dinge und auch über Alltägliches. Wir müssen uns nicht täglich anstrengen und uns nicht jeden Tag ein Highlight ausdenken. Vielleicht sollen uns gerade solche Tage lehren, die Dinge einfach auch mal laufen zulassen, denn am Ende des Tages ist nur eins wichtig:
Unsere Kinder für ein paar Momente glücklich gemacht zu haben.
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